Die Lage ist exponiert und das Publikum vor Ort in Sachen Kunst vielleicht noch nicht so wählerisch wie in anderen, etwa kulinarischen Belangen. Hohen Ansprüchen zu genügen, dieser Herausforderung stellte sich allerdings der Unternehmer Philip Waldhart, als er ein Festival konzipierte. Mit der Jazzbühne Lech beweist man im noblen und nunmehr zunehmend Lockerheit zeigenden Walserort, dass per Eigeninitiativen Enormes bewirkt wurde. Auch das längst etablierte Philosophicum fußt auf einer Idee, die von einer kleinen Gruppe von Menschen (darunter der Schriftsteller Michael Köhlmeier) in die Tat umgesetzt wurde, die den Skiort Lech auch zu einem Denkort machen wollten. Nicht dass in Vorarlberg zu wenig Konzerte stattfinden würden, aber der Musik verschiedener Sparten auch auf 1444 Metern Seehöhe mehr Platz zu verschaffen, ergibt Sinn. Nachdem das Lech-Classic-Festival gerade erst verhallt ist, lädt Waldhart nun zur Begegnung mit Künstlern, die im Allgemeinen in ausgewiesenen Zentren oder legendären Festivalorten anzutreffen sind.
Die renovierte Postgarage erweist sich dabei als Raum, der erneut seine Tauglichkeit unterstreicht, obwohl auch Waldhart, wie der spontane Applaus während seiner Eröffnungsansprache zeigte, zu jenen Lechern zählt, die den immer wieder angekündigten und nun in greifbare Nähe gerückten Bau eines Konzertsaals herbeisehnen.
Akustische Reise
Als einleitende Geste absolvierte der polnische Jazzpianist Marcin Wasilewski am Mittwoch den zu Mittag angesetzten Auftakt in der Neuen Kirche, wo die Aufforderung zur Konzentration, zum genauen Hinhören, wie von Beobachtern bestätigt, umso deutlicher zur Wirkung kam. Wasilewski zählt mittlerweile zu den führenden Vertretern seines Genres. Im sakralen Raum soll das Festival im Übrigen auch ausklingen, Pfarrer Jodok Müller bekundet mit der Einladung an Bugge Wesseltoft seine Affinität zum Jazz.
Schön für die Lecher und ihre Urlaubsgäste, die allerdings am ersten Abend schon bemerken durften, dass zahlreiche Jazzfreunde aus dem Unterland die Fahrt über den Flexenpass nicht scheuten, um am besonderen Hörgenuss teilzuhaben. Begann die Reihe doch so kraftvoll wie spannend und farbenreich: Emile Parisien und Vincent Peirani waren eigens aus Frankreich in die Arlbergregion gekommen, um die Hörer gleich wieder mitzunehmen auf eine Reise, die den Maghreb ebenso streift wie den traditionellen Jazz oder gar den französischen Walzer bzw. die großen Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts. Wie ein Hauch wird das spürbar, wenn Peirani das Knopfakkordeon betätigt, wenn er gemeinsam mit dem Saxofonisten Parisien ein Virtuosentum bekundet, das vor allem darum begeistert, weil außer Frage steht, dass der Klang und die Musik selbst bei aller Fertigkeit im Zentrum stehen. Da hat sich beim begeisterten Applaus fast das Omeshorn mitverneigt.
Vielfalt
Die Bandbreite, die die Jazzbühne Lech aufbietet, unterstreicht die Britin Poppy Ackroyd. Erwartet werden zudem die Italiener Giovanni Guidi & Daniele di Bonaventura, die neben Bandoneon-Klängen unter anderem mediterrane Folklore mitbringen. Dass die Vorarlberger David Helbock, Johannes Bär und Andreas Broger zu den internationalen Jazzstars zählen, erfährt ebenfalls Berücksichtigung.